...oder wie man ein ML350-Board in ein ganz normales Gehäuse packt und mit einem ganz normalen ATX-Netzteil betreibt

Mein Arbeitgeber hat den Keller ausgemistet, und beim Kramen nach RAM, CPUs, Platten und anderen Schätzen bin ich auf eine ML350 gestoßen. Ein Board, das auf den ersten Blick nach stinknormalem 12"x13" ATX aussieht, zwei 64bit PCI-Slots ganz ohne komische Riser hat und Platz für zwei Slot1-P3 bietet - und in diesem Fall steckte sogar noch ein P3 933/133 drauf. Genau das, was ich mir für meinen zukünftigen Fileserver gewünscht hatte! Glück muss man haben.

So weit, so schlecht. Auf den zweiten Blick, nämlich beim Aufbau der Testplattform zu Hause, sammelten sich die Problemchen:
Am letzten Punkt habe ich lange geknabbert. War mir in der Testphase aber nicht sooo wichtig. Das verwendete Netzteil hat einen eigenen Power-Schalter, und mit einer passend gebogenen Büroklammer kann man am ATX-Stecker dauerhaft Power-On simulieren:
ATX-Stecker mit Power-On-Brücke
Das sollte aber kein Dauerzustand bleiben. Ich mag meine wichtigen Daten keiner Kiste anvertrauen, deren Leben an einem verbogenen Stück rosa lackierten Draht hängt. Außerdem ist es extrem unpraktisch, einen Rechner aus- und einzuschalten, wenn das 67cm tiefe Gehäuse in einem 19"-Rack steckt und das Netzteil nichtmal einen eigenen Schalter hat.
Außer dem Front-Panel-Stecker ist eigentlich nur ein unklarer Stöpsel auf dem Board: das dicke Ding neben der ATX-Stromversorgung. Ich wäre nie darauf gekommen, dass ausgerechnet dort der Grund versteckt ist, warum ich den Rechner nicht per Front-Panel starten kann. Google hat mir dann nach tagelanger Suche doch noch einen Hinweis gegeben: im dicken Stecker muss eine Brücke geschaltet werden! Danke, Compaq, für diesen Inkompatibilitätsstecker! Aber wo?
Neulich hab ich die Lösung gefunden... im Lager meines Brötchengebers... dort verstauben noch zwei ML350 vor sich hin, die beide an kaputtem Netzteil verschieden sind. Auf den ersten Blick Standard-ATX der billigen Variante, bis auf diesen einen 10-poligen Stecker. Und siehe da:
ATX-Stecker, original Compaq
zusätzlicher Stecker, original Compaq
(Tschuldigung für die gruselige Qualität - mein Handy taugt auch für Fotos nicht)
Tatsächlich: nur eine blöde grüne Brücke! Das kann ich auch!
zusätzlicher Stecker, Marke Eigenbau
Dafür habe ich einen Molex-Stecker geschlachtet. Offene Kabelenden in einer Aderendhülse vercrimpt und alle offenen Metallteile sauber mit Schrumpfschlauch isoliert. Im ersten Anlauf hab ich nur die Enden angeschrumpft, damit der Schlauch nicht verrutschen kann und den Stecker nicht zusammenzieht. Da hat sich allerdings herausgestellt, dass diese Molex-Stecker einen viiiel zu großen Durchmesser haben und gar keinen zuverlässigen Kontakt bieten. Anschließend hab ich die Stecker mit einer Zange eng zusammengebogen und den Schrumpfschlauch bis zum Anschlag geschrumpft. Jetzt hält es.
So sieht die Brücke im eingebauten Zustand aus:
zusätzlicher Stecker, Marke Eigenbau
Fehlt nur noch die richtige Position für den ATX-Power-Schalter. Hier mal die leere Wanne zur Orientierung:
Front Panel Conn leer
Und hier mit Power-Switch an der Stelle, wo er hingehört:
Front Panel Conn mit Power-Switch
Die beiden Pin-Paare rechts neben dem Power-Switch sind für LEDs (vermutlich Power-LED und HD-LED). Meine Frontblende hat sinnigerweise einen dreipoligen LED-Stecker, den ich erst noch umbauen müsste... die Belegung herauszufinden ist aber kein Problem mehr. Die drei Pin-Paare links waren übrigens auch im Original-Gehäuse nicht belegt.
Herzlichen Dank an Robert Kurz für den richtigen Wegweiser (MID <e1gulq$epl$1@news01.versatel.de>) und Thomas Thiemann für die sehr befriedigende halbe Stunde im Keller (c;